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Der haitianische Kaffee

Der Inselstaat Haiti ist ein perfekter Ort für den Kaffeeanbau. Zu einem bestimmten Zeitpunkt der Weltgeschichte war das Land eine führende Kraft im Kaffeeanbau und in der Zeit um 1790 für die Hälfte der weltweiten Produktion verantwortlich. Deshalb ist Kaffee auch tief in der haitianischen Geschichte und Kultur verwurzelt. Allerdings trieben Kolonialherrschaft, Diktaturen und Umweltkatastrophen die Kaffeeindustrie seither immer wieder an den Rand der Zerstörung.

Shortcuts

- als Haiti um 1790 die Hälfte des weltweiten Kaffees produzierte, war es für Frankreich die profitabelste aller Kolonien
- Haiti und die Dominikanische Republik verfügen über die meisten und höchsten Berge der Karibik und somit auch über die besten Anbaubedingungen der Region
- haitianischer Kaffee hat überwiegend Bio-Qualität (wenn auch notgedrungen und ohne Zertifizierung), weil sich die meisten Bauern weder Düngemittel noch andere Chemikalien leisten können

Die Geschichte des haitianischen Kaffees

Haiti ist eine Nation, die sich die Insel Hispaniola mit der Dominikanischen Republik im Karibischen Meer teilt. Somit ist auch die frühe Kaffeegeschichte dieser beiden Länder ähnlich. Der europäische Eroberung der Insel begann um 1500 durch die Spanier. Im 17. Jahrhundert wuchs der Einfluss Frankreichs auf dem Gebiet des heutigen Haiti und die Spanier zogen sich in den östlichen Teil der Insel zurück. Ab diesem Zeitpunkt entwickelten sich beide Regionen etwas unterschiedlich.

Der Beginn des Kaffeeanbaus in Haiti geht der Legende nach auf die Zeit um 1720 zurück. Mit der Kolonisierung der Karibik durch die Europäer begann für die Region auch der Kaffeeanbau. Es soll der französische Marineoffizier Gabriel de Clieu gewesen sein, der im Jahr 1723 Kaffeepflanzen aus dem Pariser Jardin des Plantes auf die Reise zur Insel Martinique mitnahm und während der Überfahrt seine Wasserration mit den Pflanzen teilte. Damit legte er den Grundstock des Kaffeeanbaus auf den Karibikinseln. Von Martinique aus erreichten einige Pflanzen oder Samen wahrscheinlich als Tausch- und Handelsgut auch die Insel Hispaniola, wo sie sich rasch in der östlichen, spanischen Kolonie (heute Dominikanische Republik) und in der westlichen, französischen Kolonie (heute Haiti) verbreiteten.

Von da an, bis zum Beginn der Haitianischen Revolution 1791 erlebte die Region einen unglaublichen Wirtschaftsaufschwung, der dazu führte, dass fast zwei Drittel des in Europa konsumierten Kaffees aus Haiti stammte. Diese Entwicklung hatte jedoch einen hohen Preis. Während die Ureinwohner bereits ein Jahrhundert vorher fast völlig den von den Europäern eingeschleppten Pocken erlagen, mussten für den Kaffeeanbau Zwangsarbeiter und Sklaven aus Afrika eingesetzt werden. Inspiriert von der Französischen Revolution 1789 probten zwei Jahre später auch die haitianischen Sklaven und Mulatten (Menschen mit sowohl schwarzen als auch weißen Vorfahren) den Aufstand. Nach Jahren, in denen sich quasi alle Bevölkerungsgruppen gegenseitig bekämpften, entstand ein unabhängiger, aber politisch sehr instabiler Staat, der mal als Republik, mal als Kaiserreich oder in Form regionaler Monarchien geführt wurde und andauernden territorialen Auseinandersetzungen unterlag. Im Zuge dessen änderten sich auch stets die Eigentumsverhältnisse an den Kaffeeplantagen. Mit diesen unsteten Verhältnissen ging die einst unter Zwang entstandene Produktivität verloren, zahlreiche Farmen schlossen und der Export kam zum Erliegen. Die Anerkennung als souveräner Staat durch Frankreich 1825 kostete Haiti zudem viele Millionen Franc in Form von Entschädigungszahlungen an ehemalige Plantagenbesitzer. Diese Schuldenlast lähmte die haitianische Wirtschaft über 100 Jahre lang und war der Nährboden für Staatsverschuldung, innere Aufstände, Armut und Korruption. Die Weltspitze der Kaffeeproduktion übernahmen unterdessen Brasilien und andere südamerikanische Länder.

Auch im 20. Jahrhundert fand Haiti nicht zur Stabilität und wurde zum Spielball anderer Staaten. Die USA beispielsweise setzten mit der Besatzung des Landes ihre strategischen Ziele in den beiden Weltkriegen durch. Folgende Diktaturen, Militärregierungen, Rebellenaufstände, Handelsembargos der Vereinigten Staaten und chaotische Wahlen verhindern bis heute die Ausbildung einer geordneten Gesellschaft mit einer geregelten Industrie und Landwirtschaft. Hinzu kamen der Klimawandel und Umweltkatastrophen, wie beispielsweise die schweren Erdbeben von 1842 und 2010 sowie zahlreiche schwerste Wirbelstürme, die die immer wieder aufgebauten Kaffeeplantagen eins ums andere Mal zerstörten.

Angesichts dieser Historie grenzt es an ein Wunder, dass sich die Kaffeebauern in Haiti nicht unterkriegen lassen und aktuell versuchen, mit dem Fokus auf beste Qualität und umweltfreundliche Anbaumethoden wieder den Anschluss an die Weltspitze der Kaffeeproduktion zu finden. Mit Beharrlichkeit und durch den wachsenden FairTrade- und DirectTrade-Handel erlebt der haitianische Kaffee nun wieder ein kleines Comeback. Die haitianische Kaffeeproduktion hat wieder zugenommen und ihr Markt besteht heute hauptsächlich aus Premium- und Spitzenkaffee.

Ungeachtet der frühen Erfolge und späteren Misserfolge ist der Kaffee in der Kultur des Landes immer stark vertreten gewesen. Auch wenn Kaffee zunächst nur von den Kolonisten genossen wurde, ist er heute ein Grundnahrungsmittel. Er ist tief in der haitianischen Kultur verwurzelt und wird von allen gesellschaftlichen Schichten getrunken.

Cupista Texttrenner - Illustration Kaffeebohne

Wachstumsbedingungen und Verarbeitung

Die große Mehrheit der Kaffeepflanzen auf der Insel war und ist von sehr hoher Qualität und stammt im Allgemeinen von der Sorte Typica der Arabica-Pflanze. Sie ist zwar hinsichtlich ihrer Kultivierung recht anspruchsvoll, aber auf den hochgelegenen Plantagen in Haiti finden sich ideale Bedingungen. Das Klima ist tropisch feucht. Allerdings ist der Klimawandel bereits stark zu spüren und auf Plantagen in niedrigeren Regionen mit höheren Temperaturen wird immer weniger Kaffee angebaut. 

Die in Haiti angebauten Kaffees gedeihen vor allem oberhalb von 600 Metern ü.M. zwischen 15 und 24 Grad Celsius, wobei größere jahreszeitliche Schwankungen die Ausnahme sind. Der meiste Regen fällt in den Sommermonaten. Die Ernte erfolgt in den Wintermonaten und in der Regel von Hand. Die Kaffeepflanzen stehen überwiegend in Mischkulturen (z.B. mit Mangos und Zuckerrohr) auf familiär geführten Farmen oder kleinen Genossenschaften.

Je nach Region und Ausstattung der Farm wird der haitianische Kaffee entweder nach der Trocken- oder nach der Nassmethode verarbeitet. Die Trockenmethode ist die einfachere Art die Bohnen zu verarbeiten und hat den Vorteil, dass die Kirschen länger haltbar sind. Viele haitianische Bauern verarbeiten deshalb zumindest einen Teil ihrer Ernte trocken. Diese Chargen dienen dann als existenzielle Absicherung für das laufende Jahr.

Andere Bauern, die ihre Kirschen nass aufbereiten können, entscheiden sich in der Regel für diese Methode, da sich daraus ein guter Spitzenkaffee herstellen lässt, der zu höheren Preisen verkauft werden kann. Die Nassaufbereitung sorgt teilweise für eine blaue Färbung der Bohnen, was ihnen den Namen Haitian Blue Mountain Coffee oder Haitian Bleu einbrachte. Das Verfahren ähnelt dem jamaikanischen Blue-Mountain-Kaffee, aber die Geschmacksprofile sind etwas anders.

Landschaft Haiti

Copyright: Claudia Altamimi / unsplash.com

Anbauregionen

Aufgrund der eher schlecht ausgebauten Infrastruktur sind die einzelnen Farmen überall in den Gebirgen verteilt und kooperieren nicht flächendeckend miteinander. Zu den wichtigsten Kaffeeanbaugebieten Haitis gehören die höchsten Berge des Landes mit ihren umliegenden Bergregionen:

- im Norden: Massif du Nord, oder "Nördliche Gebirgskette"
- in der Mitte: Montagnes Noires, Chaîne des Matheux und Montagnes du Trou d'Eau
- im Südwesten: Massif de la Hotte
- im Süden: Massif de la Selle

Röstung und Geschmackseigenschaften

Haitianische Kaffeebohnen sind beim Rösten ziemlich widerstandsfähig. Hier kann man also gut experimentieren und sowohl helle als auch dunkle Chargen kreieren. Die meisten Quellen empfehlen aber eine mittlere bis dunkle Röstung.

Das Geschmacksprofil ist wunderbar mild, raffiniert, reichhaltig und präsentiert sich in der Tasse mit einem niedrigen Säuregehalt und einem mittleren Körper. Haiti-Bohnen neigen dazu, sehr weiche Obertöne zu haben, die von ihrer glatten Textur und einem natürlich süßen Geschmack herrühren. Du schmeckst Aromen von Mandelbutter, Nüssen, süßer Sahne und tropischen Früchten wie Ananas und Drachenfrucht. Dunkle Röstungen weisen einen schönen Schokogeschmack auf.

Der Haitian Blue Mountain Coffee, der in den Bergregionen angebaut wird, bietet ein noch sanfteres und geschmackvolleres Profil. Die Nassaufbereitung verleiht ihm einen helleren Gesamteindruck mit leichtem Zitrusaroma und besonderer Süße.

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Zubereitung

Traditionell wird Kaffee in Haiti ohne Sahne oder Milch getrunken, aber gern mit Zucker gereicht. Wenn Kaffee mit Milch oder Sahne serviert wird, nennt man ihn „café au lat" - ein Erbe der französischen Kolonisierung. Die sanfte Natur dieser Bohnen weist eher wenige helle und lebhafte Zitrus- oder Blumenaromen auf. Ein Pour-Over-Aufguss oder eine Tropfmethode sind deshalb nicht die optimalen Zubereitungsarten.


SiebträgerAeropress     Siebträger, Aeropress

Im Einklang mit ihrem oft dunkleren Röstprofil eignen sich haitianische Kaffeebohnen hervorragend für Espressi. Ihr mittlerer Körper und ihre Geschmeidigkeit schaffen die perfekten Voraussetzungen für einen Espresso oder ein Getränk auf Espressobasis.

Cupista Texttrenner - Illustration Kaffeebohne


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